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Die Wetterau-Main-Tauber-Stellung war eine lineare militärische Verteidigungsanlage, die als eine der ersten Festungsbauten im westlichen Reichsgebiet nach dem I. Weltkrieg in den 1930er Jahren zwischen Ranstadt in der Wetterau und Weikersheim an der Tauber konzipiert und teilweise ausgebaut wurde.


Im Hinblick auf die militärischen Reglementierungen, die nach dem verlorenen ersten Weltkrieg durch die Versailler Friedensverträge gefordert wurden, wie die geringe Personalstärke des deutschen Heeres von 100 000 Mann, erlangte Frankreich einerseits die militärische Übermacht in Mitteleuropa. Andererseits verfolgte die deutsche Reichsführung Pläne, eben diese Verträge mittelfristig zu revidieren, wodurch die Planungen für die Einrichtung militärischer Widerstandszonen wieder zunehmend an Bedeutung gewannen. So fürchtete man vor dem Hintergrund deutscher Wiederbewaffnungspläne und den dafür unabdingbaren Austrittes Deutschlands aus dem Völkerbund 1933 nicht ohne Grund eine militärische Intervention Frankreichs, das für diesen Fall ständig Divisionen längs der deutschen Grenze bereit hielt. So bestand die praktische Gefahr der Teilung des Landes durch einen gleichzeitigen Einmarsch verbündeter französischer und tschechischer Truppen beiderseits des Reichsgebietes.

Als eine weitere militärische Restriktion aus den Versailler Verträgen war es Deutschland aber nicht erlaubt Befestigungen innerhalb der entmilitarisierten Zone im Rheinland zu unterhalten. Diese erstreckte sich von der damaligen französischen Grenze bis 50 Kilometer östlich des Rheins. Noch unter Beachtung dieser Einschränkungen wurden daher ab 1934 von den Festungspionieren der Reichswehr außerhalb der entmilitarisierten Zone drei befestigte Verteidigungslinien geplant und teilweise ausgeführt. Im Falle eines Angriffs hätte der Vormarsch der feindlichen Truppen mit geringen Mitteln soweit verzögert werden sollen, dass die über das Land verteilte Reichswehr zur Verteidigung hätte formiert werden können. Planungsmäßig sollte so durch die Wetterau-Main-Tauber-Stellung ein französischer Vorstoß durch die Rhein-Main-Ebene in Richtung Thüringen verhindert werden. 

Während ab 1935 an Neckar und Enz bereits die Bauarbeiten der Neckar-Enz-Stellung begannen, wurde am 09.10.1934 der Befehl zur Erkundung der nördlich gelegenen Wetterau-Main-Tauber-Stellung von Ranstadt in der Wetterau, über Gelnhausen, entlang des Mains über Aschaffenburg, Wertheim bis Weikersheim an der Tauber erteilt. Neben diesen Stellungen im Westen erkundete man auch das Gelände für eine Stellung an der bayerisch- tschechischen Grenze.

Trotz hintergründiger Vorbereitungen einer bevorstehenden Wiederbesetzung des Rheinlandes und Planungen für grenznahe Befestigungen, wurde mit dem Baubefehl vom 18.04.1936 an Wetterau und Main mit dem Ausbau der Wetterau-Main-Tauber-Stellung begonnen. Der befestigte Ausbau beinhaltete die Errichtung von ständigen Anlagen, also Bunkern und Hochständen, von Hindernissen gegen Kampfwagen und Infanterie sowie eines Festungsfernmeldenetzes. Die Bunkeranlagen dienten im Wesentlichen dem Einsatz von Maschinengewehren, als Unterstand für Mannschaften und zur Artilleriebeobachtung.

Noch bereits während des Anlaufens der ersten Bauarbeiten wurden die ursprünglichen Ausbauplanungen von der Besetzung des Rheinlandes 1936 durch die Wehrmacht überholt  und die Bemühungen der Landesverteidigung konzentrierten sich plötzlich auf die Erkundung und die Sicherung der Westgrenzen; es wurde mit dem Bau des sogenannten Westwalls begonnen. Damit rückten die beiden Bunkerstellungen an Main und Neckar in die zweite Reihe, was ab Ende 1936 dazu führte, dass die ursprünglichen Ausbauplanungen bereits frühzeitig reduziert wurden. Der durch Bunkeranlagen armierte Bereich wurde schließlich auf den rund 90 Kilometer langen Abschnitt zwischen Büdingen in der Wetterau und Klingenberg am bayerischen Untermain beschränkt. Bis dahin wurden in diesem Abschnitt 329 Bauwerke verschiedenster Bauart, sowie einige Kampfwagenhindernisse errichtet. Zu einer Wiederaufnahme der Bauarbeiten kam es nach dem offiziellen Ausbauende am 29.6.1938 nicht mehr.

Der nördliche Stellungsabschnitt von Ranstadt bis Büdingen und der südliche Abschnitt zwischen Klingenberg und Weikersheim - kamen nicht über den Status einer sogenannten Mobilmachungsstellung hinaus. Dort sollte ein weiterer Ausbau nur noch auf besonderen Befehl erfolgen. Die dort geplanten Bunkeranlagen wurden auf einfache Feldstellungen reduziert, die im Bedarfsfall an geeigneten Standorten errichtet werden sollten. Bereits 1939 - noch vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges - wurden erste Abtransporte von Ausrüstungsgegenständen und Hindernismaterialien aus der Wetterau-Main-Tauber-Stellung in Richtung Westwall durchgeführt. Mit Beendigung des Westfeldzuges im Jahr 1940 vielen schließlich der Westwall und erst recht die Stellungen in der Mitte Deutschlands in eine vollständige militärische Bedeutungslosigkeit. Mit Befehl vom 01.11.1940 wurden die Hindernisse und Einrichtungen der Bunker zugunsten anderer Verteidigungslinien und Kriegsschauplätze systematisch abgebaut und abtransportiert. Zurück blieben die nackten Betonkörper, die im Laufe der folgenden Jahre von der Natur erobert wurden. 

Nasser Panzergraben als Kampfwagenhindernis im Kinzigtal bei Gelnhausen

Gegen Ende des Krieges, als im Jahr 1945 tatsächlich Kampfhandlungen das Maingebiet erreichten, waren die meisten Bunkeranlagen durch die rasante Entwicklung der Kriegstechnik entweder technisch veraltet oder durch Verwahrlosung und Fremdnutzung unbrauchbar. Dennoch wurden ab Ende 1944 durch die Festungspioniere Anstrengungen zur Wiederherstellung der Verteidigungsbereitschaft unternommen. So wurden Bestandserhebungen durchgeführt und einzelne Bunkeranlagen je nach eingeräumtem taktischem Wert mit noch verfügbaren Waffen und Ausrüstungen ausgestattet.

Letztendlich spielten diese Maßnahmen trotz vereinzelter Kampfhandlungen in der Wetterau-Main-Tauber-Stellung - vor Allem aufgrund der mobilen alliierten Kriegsführung und der schwachen deutschen Verteidigungskräfte - für den weiteren Vormarsch der US-Truppen kaum mehr eine Rolle. Bereits 1946 wurden dann im Rahmen der Entmilitarisierung fast alle Anlagen gesprengt.

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